fub: Tine Haubner - Community-Kapitalismus und die Kultur der Umsonstarbeit

27.04.2023 (Do) 20:00 bis 22:00
Balthasar

Der Kapitalismus steckt in einer ökonomischen, ökologischen, politischen und sozialen Krise, die sich zu einer Krise der sozialen Reproduktion verdichtet hat. Privatisierung und Deregulierung im Sozial- und Gesundheitssektor haben private und öffentliche Sorgekapazitäten erodieren lassen, auf die der Kapitalismus allerdings angewiesen ist. Gegen die Krise der Reproduktion setzt er neuerdings auf »Gemeinschaft« und »Community«. Die Bundesregierung bewirbt Konzepte »sorgender Gemeinschaften« und die »Bürgerkommune« gilt als Zukunftsmodell. Freiwilliges Engagement und Sharing-Economy-Projekte florieren.
Daran wird vor allem eines deutlich: Der Kapitalismus
kann auf unbezahlte Arbeit nicht verzichten, und je weniger sie selbstverständlich im Privathaushalt und eingebettet in die entsprechende Geschlechterordnung erbracht wird, desto deutlicher wird ihre Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist die Entstehung des Community-Kapitalismus zu beobachten, dessen politische und moralische Ökonomie sich durch eine »Verzivilgesellschaftlichung der sozialen Frage« und die Verknüpfung von nicht regulär entlohnter Arbeit und Gemeinschaftspolitik auszeichnet.

Tine Haubner ist Soziologin am Jenaer Institut für Soziologie und forscht und lehrt zu Arbeit, Sozialstaat und Ungleichheit. Aktuell leitet sie ein Forschungsprojekt, das sich mit Armut in ländlichen Räumen in Ost- und Westdeutschland befasst.

Eintritt: frei